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Buch des Monats - JuliEine Empfehlung vom Infoladen Sabotnik ErfurtWHITE NOISE - Rechts-Rock, Skinhead-Musik, Blood & Honour - Einblicke in die internationale Neonazi-Musik-SzeneDem Betreiber des Coburger Naziplattenversandes und - labels DIM-Records Ulrich Großmann wäre es am liebsten gewesen, dieses Buch wäre nie erschienen. Mit einer Einstweiligen Verfügung wollte er dies verhindern. Grund waren die nachgewiesenen Verbindungen von DIM-Records mit dem deutschen Blood & Honour-Netzwerk1.. Per Einstweiliger Verfügung und mit Hilfe des Anwaltes Klaus Kunze, der unter anderem schon Torsten Heise (Kameradschaft Northeim) verteidigte, wollte er die Auslieferung in den Buchhandel verhindern. In zweiter Instanz wurde entschieden, daß, wer Poster des Blood & Honour-Gründers Ian Stuart Donaldson2. im Katalog führt und sich auch und vor allem an das "Blood & Honour-Publikum" wendet, sich durchaus als "Schnittstelle der Neonazi-Skinhead-Szene" bezeichnen lassen muß.Trotz dieser Probleme ist das Buch nun erschienen. 1998 wurde es von der britischen Antifa-Zeischrift Searchlight veröffentlicht. In deutscher Sprache (und mit zwei zusätzlichen Kapiteln) wurde es nun vom Antifaschistischen Infoblatt, der Enough is enough3., der reihe antifaschistischer Texte im Unrast-Verlag herausgegeben. Beiträge aus England, den USA, Schweden, Polen und der BRD beschäftigen sich mit der Geschichte, Entwicklung und Gegenwart der internationalen Neonazi-Musik-Szene. Die Texte zeigen die wachsende Bedeutung der Internationalisierung der Neonazi-Skinheadszene und des sie umgebenden Marktes. Besonders an der Entwicklung des englischen Blood & Honour-Labels ISD wird deutlich, wie eng hier wirtschaftliche Interessen (1994-1996 ein Gewinn von rund 300.000 DM) und politische zusammenfallen. Denn mit dem Geld wurde vor allem die Kasse der militanten Neonazi-Truppe Combat 18 gefüllt. Das Blood & Honour-Netzwerk versteht es beispiellos, die Bereiche Kultur und politische Organisierung zu verknüpfen. Dazu dient (Neonazi)Musik als Integrationsfaktor, Ideologieträger und Propagandainstrument. Ziel ist es, so der Berliner Blood & Honour-Aktivist Peter Lange ("Pinocchio"), "Patrioten verschiedener Stilrichtungen zu sammeln und zu einen, nicht nur in der Musik, sondern im Kampf"! Dabei wird gerade auch in Deutschland immer offener sichtbar, daß sich bei 1,5 Millionen produzierten Neonazi-CDs in den letzten zehn Jahren nicht mehr von einer kleinen (Jugend)Subkultur ausgehen läßt. Längst finden regelmäßig Konzerte mit bis zu 2.000 ZuhörerInnen statt4., es gibt knapp 100 Bands, etwa 50 Vertriebe. Ein Skinhead-Outfit ist fast schon "normal", so wie "Rechts sein" (besonders in den fünf neuen Bundesländern) fast schon "normal" ist, angesichts ständiger Übergriffe von Neonazis auf Flüchtlinge, AusländerInnen oder einfach nur Andersaussehende, akzeptierender Jugendsozialarbeit und "national befreiten Zonen" und der schweigenden Zustimmung der Bevölkerung. Es muß mittlerweile von der Neonazikultur als "Bewegung" gesprochen werden - die sich durch eine vorhandene Strukturebene (Netztwerke), Führungssysteme, einen politischen Grundkonsens, funktionierende Mobilisierungssysteme, Reproduktionsfähigkeit5. sowie Integrationskraft (besonders im kulturellen Bereich) auszeichnet. Markante Beispiele sind neben den Neonazi-Skinhead-Konzerten vor allem die immer häufigeren Aufmärsche, wobei die Federführung hier neben der NPD einerseits und Freien Kameradschaften andererseits immer öfter auch das Blood & Honour-Netzwerk oder Hammerskin-Strukturen inne haben. Beides, Konzerte und Aufmärsche, dienen dem "Sich-die-eigene-Stärke-beweisen" und üben so einen großen Integrationssog aus. Das macht den antifaschistischen Kampf nicht eben leichter, zumal eigene Strukturen oftmals selbst darniederliegen und der Konformitätsdruck auf Jugendliche nicht eben Mut für die Zukunft macht. Umso wichtiger ist antifaschistische Recherche auf diesem Gebiet, aber auch die Verarbeitung der Ergebnisse - wie dies zum Beispiel in England mit der Kampagne "Weg mit dem rechten Sound-Dreck" (erfolgreich) versucht wurde6.. Auch wenn die Anzahl der Neonazikonzerte laut Verfassungsschutz im letzten Jahr leicht zurückgegangen ist, bedeutet dies keinesfalls Entwarnung. Gerade in Thüringen und Sachsen finden fast wöchentlich große Konzerte statt, die zudem so klandestin organisiert sind, daß teilweise der Staatsschutz selbst nichts davon weiß. So geschehen am 13. November 1999, als 1000 Neonazis nach Schorba kamen, um Max Resist (USA), Radikahl und Stahlgewitter7. (beide D) zu sehen. Das als Faschingsfete getarnte Konzert überaschte den Besitzer des angemieteten Saals ebenso wie den Thüringer VS. Im Sommer gelang es in Sachsen-Anhalt sogar, 2.000 BesucherInnen ins Kulturhaus nach Garitz zu locken. Das dortige Neonazi-Konzert war als Nachwuchs-Wettbewerb getarnt8. Um immer wieder Konzerte stattfinden lassen zu können, ist Blood & Honour ständig auf der Suche nach Veranstaltungsorten. 50-100 DM werden Neonazis auf der Blood & Honour-Homepage versprochen, wenn sie eine Lokalität ausfindig machen und ein Konzert erfolgreich veranstaltet werden kann! Was dem/der BesitzerIn über die Art der Veranstaltung erzählt wird, ist Blood & Honour laut Homepage egal. Mittlerweile reagierte darauf sogar die Thüringische Polizei. Bei einer Veranstaltung zu "Rechtsextremismus" wurde ein Schreiben an Gaststätten vorgelegt, indem diese über die Anmietungsstrategien der Neonazis aufgeklärt werden. In Thüringen läuft der Kontakt zu Blood & Honour über ein Postfach in Gera. Hier werden Konzertplanungen koordiniert. Verbindungen bestehen zweifellos zur militanten Kameradschaft Gera um deren "Anführer" Jörg Krautheim, der schon in Reiner Fromms Video "Rechtsextremismus in Thüringen" vor der Kamera zu bewundern war. Anmerkungen:
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[zum Anfang] * zuletzt aktualisiert am: 06.07.2000 |